FZJ: Programm "Changing Earth – sustaining our Future"


      Klimawandel, Artensterben, Umweltverschmutzung und geologische Risiken zählen zu den größten Herausforderungen unserer Zeit. Wir erforschen unsere natürlichen Lebensgrundlagen mit einem systemischen Ansatz – von der Landoberfläche über die Ozeane bis hin zu den entlegensten Polarregionen. Denn nur mit fundiertem Wissen über das System Erde, innovativen Technologien und strategischen Lösungsansätzen und Handlungsempfehlungen für die Politik ist der Weg in eine nachhaltige Zukunft möglich.

      Sieben Helmholtz-Zentren arbeiten gemeinsam daran, tiefe Einblicke in die komplexen Zusammenhänge der Prozesse auf unserem Planeten zu erhalten. Was sind Ursachen und Wirkungen globaler Umweltveränderungen? Wie können die natürlichen Ressourcen nachhaltig genutzt werden? Wie können wir uns vor Naturkatastrophen wie Dürren, Starkregen, Stürmen, Hochwasser und Erdbeben besser schützen? Hier sollen Lösungswege und Strategien entwickelt werden, wie sich der Mensch an veränderte Umweltbedingungen anpassen kann, wie sich globale Bedrohungen wie der Klimawandel mindern lassen und welche Auswirkungen diese nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf Wirtschaft und Gesellschaft nach sich ziehen.

      Das IBG-2 bringt hier seine Expertisen gebündelt im Topic 7 (Nachhaltige Bioökonomie) ein:

      Topic 7. Nachhaltige Bioökonomie


      Steigende Weltbevölkerung und sich verändernde Ernährungsgewohnheiten – Übernutzung natürlicher Ressourcen wie Land, Boden, Wasser und Nährstoffe – Nachfrage nach nachhaltig produzierten bio-basierten Rohstoffen für die chemische Industrie, die Zellstoff- und Papierindustrie und die Baubranche und auch der weltweit steigende Bedarf an Bioenergie: dies sind Beispiele der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, zu deren Lösung die nachhaltige Bioökonomie beitragen wird.

      Die revolutionären Entwicklungen der Biowissenschaften in den vergangenen Jahrzehnten stellen die Grundlage für innovative Ansätze bereit. Wesentliche biologische Ressourcen der Bioökonomie sind Pflanzen sowie Mikroorganismen. Pflanzen müssen möglichst nachhaltig produziert werden und sollen möglichst wenig Wasser, Nährstoffe und Land verbrauchen. Gleichzeitig müssen sie an den Klimawandel angepasst werden und für gesündere Nahrungsmittel entwickelt und an alternative Nutzungswege angepasst werden.

      Die wesentliche Herausforderung ist die Optimierung der biologischen Ressourcen für die Bioökonomie. Pflanzen mit hohen Erträgen, angepasst an die Nutzung als Nahrungs- oder Futtermittel, als nachwachsende Rohstoffe oder für die Bioenergie sowie deren Integration in agronomische Systeme in denen Kreisläufe geschlossen werden, um nachhaltig und intensiv produzieren zu können, sind das Ziel der pflanzenwissenschaftlichen Arbeiten.

      Pflanzen und Pflanzenproduktion spielen eine sehr wichtige Rolle in einer zukünftigen Bioökonomie: Sie sind (i) zentrale Elemente von Produktionssystemen, die Inputs wie Wasser oder Nährstoffe oder Energieeffizienz bestimmen, (ii) erneuerbare Biomasse für die Verwendung als Lebens- oder Futtermittel, als Rohstoffe für Chemikalien, direkte Materialverwendung oder für Bioenergie bereitstellen und (iii) wesentliche Elemente in Produktionssystemen sind, um (Nährstoff-)Kreisläufe zu schließen, was für die Entwicklung einer nachhaltigen Bioökonomie unerlässlich ist. Die Pflanzenzüchtung und -produktion steht vor großen Herausforderungen, die dringend angegangen werden müssen. Bei weniger landwirtschaftlichen Nutzflächen und zunehmendem wirtschaftlichen Druck auf die Inputs, bedingt durch die begrenzte Verfügbarkeit von z.B. Wasser und Nährstoffen, erfordert eine nachhaltige Intensivierung Pflanzen und Produktionssysteme mit erhöhter Produktivität pro Fläche und pro Input-Einheit (Wasser, Nährstoffe). Das Programm konzentriert sich auf die Unterstützung der Züchtung als Schlüsselfaktor für die Entwicklung von Pflanzen mit höherer Ressourceneffizienz. Dieser Ansatz basiert auf einzigartigen und innovativen Konzepten und Technologien zur Phänotypisierung von Pflanzen. Sie bilden die Grundlage für das quantitative Verständnis der Wurzel- und Triebleistung sowie für das Screening von Pflanzeneigenschaften zur Verbesserung der Ressourcennutzungseffizienz in relevanten Szenarien der räumlichen und zeitlichen Variation von Ressourcen.

      Eine zentrale Einschränkung für die Entwicklung der Bioökonomie über den Anbau von Nahrungsmitteln hinaus ist der Wettbewerb um Bodenressourcen. Neben Beiträgen zur nachhaltigen Intensivierung der Nahrungsmittelpflanzenproduktion sollen daher auch alternative Biomasse-Ressourcen entwickelt werden, die für Non-Food-Zwecke genutzt werden können. Dazu gehören spezifische Kulturen, die auf marginalem oder degradiertem Land mit wenig Input und Algen als bisher unterentwickelte Biomassequelle mit einem breiten Anwendungsspektrum wachsen können. Hier besteht die Strategie darin, gemeinsam nachhaltige Wege zur Erweiterung der Möglichkeiten der Pflanzenproduktion zu entwickeln, parallel zur Schließung von Nährstoffkreisläufen aus "Abfällen" der großflächigen Biomasseumwandlung als Nährstoffquelle. Dieser Ansatz bei Nutzpflanzen und Algen wäre jedoch nicht ausreichend, wenn nicht gleichzeitig Optionen für Nutzungspfade entwickelt würden. So wenden wir einen integrierten Optimierungsansatz an, um Pflanzen/Algen zu verbessern, nutzen die Produktionssysteme zur Schließung der Nährstoffkreisläufe und optimieren die Nutzungspfade für diese alternativen Biomassequellen.

      Pflanzenbiomasse soll eine Ressource für ein breites Spektrum von Nutzungswegen in einer zukünftigen Bioökonomie sein. Diese verschiedenen Wege erfordern eine unterschiedliche Biomassequalität, um eine maximale Effizienz der Umwandlung von Chemikalien und Materialien, der verschiedenen Wege der Bioenergieumwandlung und der Nutzung als Nahrungspflanzen zu ermöglichen. Hier konzentriert sich das Thema auf die Qualitätsparameter von Nutzpflanzen für die am häufigsten vorkommende Polymerstruktur auf der Erde - die Pflanzenzellwand. Es besteht ein erhebliches Potenzial, die Verfügbarkeit biobasierter Ressourcen durch den Einsatz von Zellwänden zu verbessern und das Nutzungspotenzial der Zellwand als sehr vielfältige und komplexe Matrix für Chemikalien zu entwickeln. Im Hinblick auf höherwertige Produkte können Pflanzen indirekte Ressourcen für biotechnologische Wege bereitstellen oder direkt wertvolle Ressourcen wie Carotinoide oder Terpenoide produzieren.

      Im Rahmen des Programms wurden signifikante Infrastrukturen und Kompetenzen für die nationale und internationale Forschung in der Bioökonomie aufgebaut oder werden derzeit aufgebaut. Diese nationalen Plattformen werden die Pflanzenwissenschaftler in Deutschland, Europa und weltweit im aufstrebenden Bereich der Pflanzenphänotypisierung sowie in der Bioinformatik unterstützen. Ziel des Programms ist es, Infrastrukturen und Schnittstellen zu den Nutzern zu entwickeln, um die Nutzung der einzigartigen Einrichtungen und Fähigkeiten des Forschungszentrums Jülich als Schlüsseltechnologien für die Pflanzenwissenschaften der nächsten Generation für die Bioökonomie zu optimieren

      Das mechanische und quantitative Verständnis der Eigenschaften, die die Nutzung und Effizienz von Licht, Wasser, Nährstoffen und Energie bestimmen, ist ein zentrales Element bei der Entwicklung von Pflanzen, die eine nachhaltige Intensivierung der Pflanzenproduktion in der Landwirtschaft ermöglichen. Die Umgebung, in der Pflanzen produziert werden, zeichnet sich durch eine hohe Dynamik und Heterogenität und damit einen weitgehend unvorhersehbaren 4-dimensionalen Ressourcenraum aus.

      Pflanzen müssen ihre Strukturen und physiologischen Funktionen in Bezug auf Material- und Energieverbrauch optimieren, um eine möglichst effiziente Beschaffung zu ermöglichen. Noch heute ignorieren die meisten Forschungen über Mechanismen der Ressourcennutzungseffizienz die Tatsache dieser räumlichen und zeitlichen Heterogenität. Im Gegensatz zu diesem traditionellen Ansatz, der darauf abzielt, das Potenzial von Pflanzen unter optimalen Bedingungen zu maximieren, nutzt das Thema seine einzigartige Infrastruktur und Erfahrung, um Schlüsselprozesse und -strukturen von Trieben und Wurzeln zu quantifizieren und neue Merkmale zu identifizieren, die die Ressourcennutzungseffizienz unter relevanten, nicht optimalen Bedingungen verbessern.

      Die Auswahl von Pflanzengenotypen mit verbesserter Ressourcennutzungseffizienz und deren Einführung in Zuchtprogramme für Nahrungspflanzen sind wesentliche Komponenten für eine nachhaltige Intensivierung, wie sie als Kernziele der Strategie der Nationalen Bioökonomie 2030 zur nachhaltigen Steigerung der Biomasseproduktion angegeben sind.